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Mely Joseph

Von Stadtwiki

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Grabmal Isaak Joseph (geb. 1. Januar 1851, gest. 12. August 1916 in Pforzheim) und Clothilde Joseph (geb. May) (geb. 5. August 1862, gest. 24. Juni 1902 in Pforzheim) .jpg
Grabmal Mely Joseph (geb. 6. März 1886, gest. 14. Januar 1920 in Pforzheim), Tafel .jpg

Mely (Melanie Jeanette) Joseph (* 6. März 1886 in Pforzheim; gestorben 14. Januar 1920 in Berlin durch Suizid) war eine deutsch-jüdische Malerin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Herkunft und Ausbildung

Melanie Jeanette, genannt Mely, Joseph ist am 6. März 1886 in Pforzheim geboren. Ein anonymer Biograf schrieb sechs Jahre nach ihrem Tod über ihre frühen Jahre: „Ihre Kindheit war behütet, sonnig, sorgenlos. Das Elternhaus brachte geistige, religiöse und soziale Einstellung.“ Sie wohnte mit ihren Eltern Isaak Joseph und Clothilde Joseph geb. May, sowie dem Bruder Rudolph Joseph (1893-1963) in der Östlichen Karl-Friedrich-Straße 37. Der Vater hatte ein Bankgeschäft in der Karl-Friedrich-Straße 28.

Nach dem Tod der Mutter zog die Familie 1903 nach Wiesbaden und Mely Joseph erhielt dort Unterricht bei der Blumenmalerin Eva Hoyer, mit der sie auch nach Italien reiste. Dann nahm sie Unterricht bei Völcker in Wiesbaden, am Städel'schen Institut in Frankfurt, an der Kunstgewerbeschule in Mainz, bei Grimm in Karlsruhe und bei Debschitz in München, dazwischen lag eine Reise nach Paris. Waren Völcker und Grimm Landschaftsmaler, lernte sie bei Debschitz, der dem Werkbund nahestand, die „Kunst im Handwerk“ kennen.

Zweifache Neuorientierung

Die Reise 1913 über Italien nach Palästina „erfüllte ihre Jugendsehnsucht nach dem Lande und gab ihr den bestimmten Vorsatz, ihr Leben dort aufzubauen - im Rahmen ihres Könnens dort mitzuhelfen“. Diese Reise erweckte eine dauernde Bindung an „das Land ihrer Väter“, sie wurde spätestens jetzt Zionistin. Die Rückreise nach Europa führte sie in die Wiener Werkstätte, die 1907 zum Gründungskomitee des Werkbundes gehört und seit 1912 auch eine Modeabteilung hatte, und zur verstärkten Hinwendung zu kunstgewerblichem Arbeiten. 1914 arbeitete sie bei dem Architekten Margold in Darmstadt, der 1909 an der Wiener Werkstätte war und unter anderem Synagogen entwarf, an Tapeten und schuf Teppiche. Dieses „strengste Einarbeiten auf dem ihr neuen Gebiet des Kunsthandwerks sollte ihr dazu verhelfen“, in Palästina mit aufbauen zu können. 1914 war sie mit Bildstickereien an der Darmstädter Künstlerkolonie-Ausstellung beteiligt.

Mode für „nicht so sehr Vermögende“

Ihre Beschäftigung mit dem Kunsthandwerk wird deutlich in einem bisher nicht beachteten Aufsatz über Frauenmode. In dem Artikel „Deutsche Mode“ in der Zeitschrift „Deutsche Kunst und Dekoration“ schrieb sie 1915 über einige Punkte, auf „die vielleicht eine neue deutsche Mode für den geschmacklich gebildeten Mittelstand aufbauen könnte“. Sie diskutiert über eine Mode für Frauen in vielen Großstädten in Deutschland im Gegensatz zur häufig wechselnden Mode in der französischen Zentrale Paris. Sie fordert Mode ohne „Hasten und Drängen“, dann könne auch „die nicht so sehr Vermögende im Stande sein, sich die passende Kleidung anzuschaffen“, in Anlehnung an ihren späteren Lehrer Adolf Hölzel eine Mode für alle, Massenware aus den Konfektionshäusern. Sie schlägt „einfache Zweckformen“ vor, schlicht und aus gutem Material „ohne all die unnützen Fältchen und Kräuschen“, ohne „wertlosen Flitter und Perlenbehänge“. Ihre Prinzipien lauten „Solidität, Zweckmäßigkeit und Harmonie“, ausgehend von den Stoffen, ihrer Wirkung und den Farben.

Ihr Frauenbild war das der selbstbewussten Frau, die sich „in der Wirtschaft betätigt, Sport treibt, Vorträge besucht, Besorgungen macht, Besuche empfängt und viel reist", den Emanzipationsschub - „wenn der Krieg vorüber sein wird“ - antizipierend.

„Kunst für alle“

Eben dieser Krieg verunmöglichte die Ausführung ihrer Pläne, ihr Leben in Palästina aufzubauen, sie musste in Wiesbaden bleiben. Der Studienaufenthalt 1917 bei Hölzel in Stuttgart, der schon 1904 eine “Kunst für alle“ gefordert hatte und einer der Wegbereiter des Bauhauses war, vertiefte ihr Streben nach Sachlichkeit und Funktionalität. Ende 1917 war sie beteiligt an einer Ausstellung im Kunstsalon Ludwig Schames in Frankfurt, einer „der wichtigsten Galerien Frankfurts, ja ganz Deutschlands“. Beteiligt waren u.a. auch Emil Nolde und Josef Eberz, der ebenfalls Schüler von Hölzel war. Hier kamen beide Bestrebungen Mely Josephs zusammen, die Hinwendung zur „Kunst für alle“ und zum Jüdisch-Sein, denn ihr Förderer Ludwig Schames war praktizierender Jude.

1929 setzte ihr Bruder Rudolf als Architekt der Synagoge in Dieburg ähnliche Bestrebungen in die Praxis um: „Formal habe ich versucht, zeitlos und dennoch modern zu bauen. Jedes Ornament ist dem Wechsel der Zeiten unterworfen, darum ließ ich's weg. Ein Bau hängt in seiner Wirkung niemals vom Zierrat, sondern von anständigen Proportionen ab“. Der Bruder floh 1933 nach Frankreich, 1936 weiter in die USA, er starb 1963 in New York.

Der Abbruch einer Reise

1918 unternahm Mely Joseph eine Reise nach Finnland, nach einer anderen Quelle nach Livland; da im Werkverzeichnis der Ausstellung 1920 das Stichwort „Finnland“ zweimal vorkommt, ist dieses Reiseziel wahrscheinlich. Sie brach die Reise ab, weil sie „nicht prassen konnte, während die ihren hungern“. Es ist unbekannt, wen der anonyme Autor zitiert, es liegt nahe, dass mit „ihren“ Mely Josephs jüdische Glaubensgeschwister in Finnland gemeint sind, die bis 1918 ohne Bürgerrechte unter zahlreichen Verboten litten, im Land nicht heiraten und nicht alle Berufe ergreifen durften, zudem war ihre Niederlassung auf drei Städte begrenzt; im September 1918 kam es aufgrund einer kriegsbedingten Lebensmittelknappheit zur massenhaften Ausweisung von „Ausländern“, d.h. von jüdischen Russen.

Nach ihrer Rückkehr zog Mely Joseph nach Berlin, wo sie sich in den Revolutionsjahren mit Miniaturen, Teppichentwürfen und Illustrationen beschäftigte, u.a. zu Gottfried Kellers „Sieben Legenden“. Warum sie am 14. Januar 1920 ihrem Leben selbst ein Ende setzte, ist unbekannt.

Erinnerung

Am Fuße des Grabsteins für ihre Eltern auf dem jüdischen Friedhof in Pforzheim innerhalb des Hauptfriedhofs liegt eine Steinplatte mit der Aufschrift „Mely Joseph - 6. März 1886 - 14. Januar 1920“. Nach Mitteilung der Friedhofsverwaltung wurde hier am 6. Juli 1926 die Urne von Mely Joseph beigesetzt. Wer die Platte errichtet bzw. veranlasst hat, ist nicht bekannt.

Werke

Im Vorwort zur Gedächtnisausstellung 1920 sind 57 Werke aufgelistet, Hoffmann/Hübner sprechen 1992 von nur zwei Arbeiten, die nachweisbar seien: „Fellachinnen in Jerusalem“ (Lithografie, Museum Wiesbaden) und “Rheinlandschaft“ (Ölbild, Stadt Pforzheim). Inzwischen sind neun weitere Werke aufgefunden, die im Verzeichnis der Gedächtnisausstellung nicht aufgeführt sind:

Themen

Die im Werkverzeichnis 1920 aufgeführten Arbeiten sind - abgesehen von der erwähnten Lithografie und dem Ölbild „Rheinlandschaft“ - nicht aufzufinden. Nur die Bezeichnungen erlauben einen Überblick nach Techniken und Themen:

Ohne Berücksichtigung der 15 Lithografien, die unter „Plastiken“ eingeordnet sind, ist das beherrschende Thema der Stickereien und Plastiken die „Madonna“ bzw. die „Mutter mit Kind“, das in den weiteren Werken ebenfalls zweimal vorkommt. Weit mehr als die Hälfte der bekannten Werke zeigen Frauen, teils in religiösen Zusammenhängen, teils in ihrer sozialen Lage als schwer Arbeitende, in Armut und im Alter.

Abgesehen von „Kompositionen“ und Landschaftsbildern stehen Motive aller drei monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) im Vordergrund:

Literatur

Weblinks

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