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Kollmar & Jourdan AG

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Logo der Firma Kollmar & Jourdan

Die Kollmar & Jourdan AG war ein ehemals bedeutender Schmuckhersteller in Pforzheim in der Bleichstraße.

Geschichte

Kollmar & Jourdan-Fabrikgebäude in der Bleichstraße 77
Werbung aus dem Jahr 1954

Die Firma wurde 1885 von dem Kaufmann Emil Kollmar (1860-1939) und dem Techniker Wilhelm Jourdan (1855-1925) gegründet. Die ursprüngliche Fabrikation waren vergoldete Nickelketten und wurde mit 6 Personen begonnen ohne Betriebskraft. Es zeigte sich bald, dass Maschinen mit Kraft nötig waren, um gegen die Konkurrenz leistungsfähig zu sein; deshalb wurde nach einem Jahr das alte Lokal verlassen und ein Lokal mit Wasserkraft gemietet. Das Geschäft nahm einen größeren Aufschwung und es konnten schließlich 70-80 Personen beschäftigt werden. Das Unternehmen beteiligte sich an den Weltausstellungen in Paris (1889) und Chicago (1893). In Amerika erwarb Emil Kollmar eine Anker-Kettenmaschine, die er in Pforzheim verbessern und in Serie produzieren ließ. Bis 1898 wurde die Fabrikation der sogenannten Amerikaner-Doubleketten begonnen. Bald waren die Räumlichkeiten erneut zu klein und es wurde deshalb unter Beihilfe des Herrn August Kayser eine neue Fabrik in der Kaiser-Friedrich-Straße 3 gebaut. Die Produktion von Nickel-Ketten wurde nach und nach aufgegeben, dafür wurde die Fabrikation von Amerikaner-Doubleketten weitergeführt. Bald wurde eine Dampfmaschine für den Betrieb angeschafft und die Fabrik ständig vergrößert. 1901 waren rund 400 Arbeiter bei Kollmar und Jourdan beschäftigt.

Im Jahr 1898 wurde das Geschäft in eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 600.000 Mark umgewandelt. Vorstand der Aktiengesellschaft waren ursprünglich Emil Kollmar und Wilhelm Jourdan, letzterer schied jedoch im selben Jahr aus Gesundheitsgründen aus dem Vorstand der Gesellschaft aus. Seitdem war Emil Kollmar alleiniger Vorstand.

In Pforzheim entstanden ab 1901 repräsentative Firmenbauten. Von 1901 bis 1910 wurde das vierflügelige Fabrikgebäude im Karree von Bleichstraße, Hans-Meid-Straße, Kallhardtstraße und Schießhausstraße errichtet, dem 1922 ein mit der Fabrik mittels einer Brücke über die Hans-Meid-Straße verbundenes Kontorgebäude folgte.

Gleichzeitig mit der baulichen Expansion errichtete das Unternehmen auch Filialbetriebe in anderen Orten. Im Jahr 1900 gründete die Gesellschaft eine Filiale in Mühlhausen/Würm in eigenem Anwesen, wo gegen 100 Personen beschäftigt waren, sodass die Firma 500 Personen zur Produktion von Amerikaner-Doubleketten beschäftigte. Es gab keine zweite Fabrik, die speziell für diese Produkte annähernd soviel Arbeiter hatte. 1908 folgte eine weitere Filialfabrik im nordbadischen Boxberg. Schließlich wurde 1912 ein drittes Nebenwerk in Neckarbischofsheim eröffnet. Während des Ersten Weltkriegs stellte die Firma Kollmar & Jourdan die Produktion in den Nebenwerken Boxberg und Neckarbischofsheim ein. Infolge der Weltwirtschaftskrise musste das Unternehmen seine Filiale in Neckarbischofsheim zu Beginn der 1930er Jahre erneut schließen.

Das Stammhaus in Pforzheim wurde im Zweiten Weltkrieg (1939-45) schwer beschädigt, Gebäude und Unternehmen wurden nach dem Krieg unter Max Kollmar (1872-1966) und Reinhard Kollmar (1901-1970) wieder aufgebaut.

Die Firma bestand bis 1977.

Lebensalltag des Doublearbeiters und "Rasslers" Georg Schröder

Mit 14 Jahren, 1899, begann er seine vierjährige Goldschmiedelehre bei der Fa. „Kollmar & Jourdan“ in Pforzheim. Damals zehn Stunden Arbeitszeit, auch samstags. Morgens mußte Lehrling Schröder um 4.45 Uhr aus dem Haus, denn um 5.50 Uhr war Zugabfahrt in Höfen nach Pforzheim. Um 18.00 Uhr war Arbeitsschluß, der Abendzug kam um 19.15 Uhr in Höfen an, dann den Berg hinauf nach Schömberg, Heimkehr um 21.00 Uhr. Die Wochenkarte von Höfen nach Pforzheim kostete 1.90 Mark. Deshalb ging Schröder sommers über Langebrand und durchs Grösseltal zum Haltepunkt Engelsbrand. Ab dort kostete die Wochenkarte nur 1.10 Mark, also 80 Pfennig weniger. Der Wochenlohn als Lehrling betrug nämlich nur vier Mark, später hatte er als Arbeiter 50 Pfennig in der Stunde, bei 54 Stunden in der Woche also 27 Mark. Schröder weiß aber auch einige Preise um jene Zeit. Ein Liter Milch kostete 14 Pfennig, ein Ei zwei Pfennig, ein Zentner Kartoffel 3 Mark und eine Zigarre drei bis 10 Pfennig. Brezel, das Stück zu 3 Pfennig, kaufte man im Dutzend, dann gab es eine extra, ein Bäckerdutzend waren 13 Stück. Das war ein ganz anderer Lebensstandard in der „Guten alten Zeit“. Immerhin – Goldschmied Schröder ist 90 Jahre alt geworden.

(Quelle: Pforzheimer Kurier, 4. Oktober 1975)

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